Zahl der Bewerber sinkt in Corona-Zeit
Vor allem kleinere Betriebe spüren Nachwuchskräftemangel / Firma Kind bietet mehr Plätze an
Erschwerter Berufseinstieg
Wegen der wirtschaftlichen Unsicherheit erschwert Corona auch den Berufseinstieg von jungen Menschen. Laut den vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamts ist die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge in 2020 um 9,4 Prozent im Vergleich zum vergangenen Jahr gesunken. „Die aktuelle Situation ist sowohl für Unternehmen als auch für junge Menschen, die in diesem Jahr ihren Schulabschluss machen, belastend. Daher freuen wir uns, dass wir entgegen dem allgemeinen Trend in diesem Jahr sogar mehr Ausbildungsplätze anbieten können“, sagt Alexander Kind, Geschäftsführer des gleichnamigen Unternehmens.
Für kleinere Betriebe in Burgwedel stellt sich die Situation anders dar. Holger Laue, Geschäftsführer der Engenser Dachdeckerfirma Laue-Bedachungen, sieht die Entwicklung im Bereich der Ausbildung problematisch. Seit 60 Jahren bildet sein Betrieb junge Leute aus. Pro Ausbildungsjahr seien zwei bis drei Azubis eingestellt worden. Doch mittlerweile findet seine Firma kaum noch potenzielle Bewerber. „Wir sind froh, im Sommer einen einstellen zu können“, sagt der Geschäftsführer. Kaum einer frage bei ihm wegen eines Ausbildungs- oder Praktikumsplatzes oder eines Ferienjobs an. Den Grund dafür sieht Laue in der schulischen Ausbildung. „Den Jugendlichen wird nicht mehr beigebracht, dass man im Leben was tun muss.“ Stattdessen fragten sie schnell, wann sie Urlaub machen könnten. Weil der Anspruch der jungen Menschen heute ein ganz anderer ist, sieht Laue für die Zukunft des Handwerks schwarz. Dabei könnte es jedem, der einen Handwerksberuf erlerne und halbwegs ordentlich ausübe, ein ganzes Leben lang gut gehen, sagt Laue – egal in welcher Branche.
Ähnlich ist auch die Situation bei Bianca Rosenhagen vom gleichnamigen Metallunternehmen in Kleinburgwedel. „Die Berufsorientierung fehlt seit der Pandemie.“ Rosenhagen hatte an mehreren Ausbildungsmessen per Video mit jeweils einem Azubi aus dem Betrieb teilgenommen. „Das hat wegen der vielen Schüler anfangs nicht gut geklappt“, berichtet sie. Die Jugendlichen hätten sich mehr mit dem Chat beschäftigt, als mit dem Beruf. Erst als die Videokonferenzen in kleineren Gruppen liefen, sei es effektiver gewesen. Gleichwohl ersetze das nicht die üblichen Kontakte mit den jungen Leuten bei Ausbildungsmessen und beim Probearbeiten.
Rosenhagen bedauert, dass sich seit dem Ausbruch von Corona kein einziges Mädchen mehr beworben hat. Dabei sind vier Metallbauerinnen in dem Unternehmen mit rund 40 Beschäftigten tätig.
22 neue Rossmann-Azubis
In den vergangenen beiden Jahren haben bundesweit rund 600 Nachwuchskräfte ihre Ausbildung bei der Drogeriekette Rossmann begonnen. In diesem Jahr sollen rund 50 Ausbildungsplätze weniger besetzt werden. Laut Pressereferentin Vivian Thürnau bleibt die Zahl am Zentralstandort Burgwedel hingegen konstant: Hier startet das Unternehmen, wie im Vorjahr auch, mit 22 neue Auszubildenden.
Drogeriekette wirbt virtuell
Als Ersatz für lokale Ausbildungsmessen nimmt Rossmann – wie auch Rosenhagen – regelmäßig an virtuellen Messen und Events teil. „Davon abgesehen sprechen wir potenzielle Azubis natürlich auch weiterhin über die zielgruppengerechten und themenrelevanten Kanäle an, die von den Auswirkungen der Corona-Pandemie weitestgehend unberührt sind“, sagt die Pressereferentin und nennt Beispiele wie etwa soziale Medien, Unternehmensprofile auf Ausbildungsportalen oder Werbemittel in eigenen Filialen.
0 weibliche Bewerber für das
Metallbauhandwerk hat das
Kleinburgwedeler Unternehmen
Rosenhagen seit Pandemiebeginn
registriert.